• Proktologie
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Steißbeinfisteln/Steißbeinaszessen (Sinus pilonidalis)

Bei der Steißbeinzyste oder Pilonidalsinus vom lat. Pilus = Haar und Nidus = Nest, handelt es sich um eine akute oder chronisch verlaufende Entzündung des Unterhautfettgewebes über dem Steissbein (Os Sacrum). Daher kommt der deutsche Begriff Steißbeinzyste.

Wir unterscheiden dabei drei Erscheinungsformen: die asymptomatische, d.h. der Patient hat zwar den Sinus pilonidalis, jedoch liegen keine Beschwerden vor. Bei der akut abszedierenden Form besteht schlicht ein Abszess mit Schwellung, Überwärmung und ausgeprägten Schmerzen. Bei der chronischen Form besteht die Fistel mit leichteren Entzündungszeichen.
Am häufigsten sieht man die Steißbeinzyste zwischen dem 20. und 30 Lebensjahr. Dabei sind Männer häufiger betroffen.
 

Wie entsteht ein Sinus pilonidalis?
Früher dachte man, dass das als Sakraldermoid bezeichnetet Krankheitsbild eine angeborene Erkrankung sei und aus Resten von in der Tiefe verbliebenen Geweben in der Embryonalzeit entstanden sei. Heute wird die Steißbeinzyste als eine erworbene Krankheit des Unterhautgewebes gesehen, die durch eingewanderte Haare in der Gesäßrinne (Rima ani) entsteht. Haare haben kleine Widerhäkchen und man kann sich vorstellen, dass sie durch Reibung und Druck immer tiefer wandern. Daher wird die Erkrankung im Türkischen auch als „Krankheit des umgedrehten Haares“ bezeichnet. Und im zweiten Weltkrieg wurde bei der amerikanischen Armee die Erkrankung auch als „Jeep driver’s disease“ bezeichnet. Die Haare spießen in die Haut ein, wandern in das Unterhautgewebe und können hier eine Entzündung verursachen. Im Verlauf können nach außen kleine Öffnungen entstehen, die wir als Pori bezeichnen. In der Tiefe können ganze Haarbüschel gefunden werden. Eine tiefe Gesäßrinne, mangelnde Hygienemöglichkeiten fördern die Entstehung. Eine ausgeprägte Behaarung ist nicht Voraussetzung, da abgebrochene oder ausgefallene Haare sich in der Gesäßrinne sammeln können und einspießen können.

 

1 Haarwurzel

2 abgebrochene Haare

3 Entzündung beginnt

4 und 5: sog. „Pits“

6 zweite Öffnung

7 abgebrochene Haare in normaler Haut

Den Sinus pilonidalis sollte man jedoch nicht mit der einer angeborenen Dermoidzyste verwechseln. Hierbei handelt es sich um eine embryonale Fehlentwicklung, bei der Haare, Talg oder Zähne in tieferen Schichten auftreten. Typischerweise liegen diese Dermoidzysten jedoch eher tiefer: zwischen dem Enddarm und dem Kreuzbein.

Wie wird die die Diagnose gestellt?
Die Diagnose eines Pilonidalsinus ist meist leicht zu stellen. In der Rima ani, der Gesäßrinne sind kleine Hautöffnungen zu sehen. Sie sind in der Regel in der Mittellinie zu finden. Bei einer akuten Entzündung kommt es zu einer Schwellung mit Rötung und Schmerzen. Dieser Befund findet sich meist etwas seitlich. Bei der chronischen Form kommt es zu Fisteln, hieraus kann es zu Sekretaustritt kommen.

Wie wird der Sinus pilonidalis behandelt?
Lokale Behandlungen oder die Einnahme von Antibiotika führen nicht zu einer Heilung eines Sinus. Wenn keine Symptome vorliegen, muss auch nicht behandelt werden. Liegt jedoch eine akute (Abszess) oder chronische (Fistel) Form vor, sollte eine chirurgische Therapie angeraten werden. Liegt ein akuter Abszess vor, muss dieser eröffnet werden, der Eiter abfließen. Dabei sollte die Wunde offen gehalten werden. In diesem Stadium ist eine abschließende Sanierung des Leidens nicht anzuraten und sollte im Verlauf durchgeführt werden.
Wenn die chronische Form mit immer wieder auftretender Sekretion aus den Fisteln vorliegt sollte, ebenfalls die chirurgische Therapie angestrebt werden. Bis vor kurzem war das Ziel, sämtlich entzündetes Gewebe bei der Operation zu entfernen. Diese Wunden wurden mittels verschiedener Techniken verschlossen, wobei eine Naht in der Mittellinie die höchsten Rezidivraten aufweist und vermieden werden sollte. In besonderen Fällen werden auch plastische Wundverschlüsse mit Lappen durchgeführt.
In den letzten Jahren setzt sich jedoch das sog. „Pit picking“ als minimalinvasive Methode durch. Dieses Verfahren wurde bereits 1965 von Lord und Millar beschrieben:
Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, das in Lokalanästhesie durchgeführt werden kann. Die kleine äußere Öffnung, das „Pit“ wird ausgestanzt oder ausgeschnitten, der Gang und der Hohlraum aufgesucht und eröffnet bzw. drainiert. Der Gang wird curettiert (ausgeschabt) oder das entzündete Gewebe mittels elektrischer Sonde oder Laserfaser zerstört oder der Gang wird gespalten und die Wundheilung im Sinne der sog. „laying open“ Methode durchgeführt. Bei sehr kleinen Befunden, wird dieser komplett ausgeschnitten.

Was geschieht ohne Behandlung?
Wenn ein Abszess vorliegt, wird dieser ohne Eröffnung zunehmend anschwellen und sich schlussendlich spontan eröffnen. Bis dahin kann sich aber eine Phlegmone (eitrige Entzündung des Gewebes) in der Umgebung ausbilden. Daraus kann sich eine Sepsis (Blutvergiftung) entwickeln. Die eigentliche Erkrankung bleibt bestehen und wieder auftreten.
Daher sollte bei der chronischen Form die chirurgische Therapie wie oben beschrieben angestrebt werden.
Zu erwähnen ist noch, dass es in seltenen Fällen durch die chronische Entzündungen zu bösartigen Veränderungen eines Sinus pilonidais kommen kann (Plattenepithelkarzinom).